Der Verlust des Arbeitsplatzes kann eine sehr belastende Situation sein. Glücklicherweise bietet das deutsche Sozialsystem verschiedene Formen der finanziellen Unterstützung, um in solchen Krisenzeiten über die Runden zu kommen. Die beiden wichtigsten Modelle sind das Arbeitslosengeld I und das Arbeitslosengeld II, auch bekannt als Hartz IV. In diesem Blogbeitrag erklären wir Ihnen ausführlich, welche Voraussetzungen für den Bezug gelten, wie die Leistungen berechnet werden und was Sie sonst noch wissen müssen.
Was ist der Unterschied zwischen Arbeitslosengeld I und II?
Der grundlegende Unterschied zwischen Arbeitslosengeld I und II liegt in der Finanzierung und den Anspruchsvoraussetzungen:
Arbeitslosengeld I (ALG I)
Arbeitslosengeld I wird aus Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung finanziert, die vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam getragen werden. Es steht Arbeitslosen zu, die zuvor sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren und Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben.
Die Höhe des ALG I richtet sich nach dem vorherigen Nettogehalt, der Dauer der Beschäftigung und dem Familienstand. In der Regel beträgt es 60 Prozent des letzten Nettogehalts, bei Arbeitslosen mit Kindern 67 Prozent.
Arbeitslosengeld II (ALG II / Hartz IV)
Arbeitslosengeld II wird hingegen aus Steuermitteln finanziert und ist bedarfsorientiert. Es richtet sich an Arbeitslose, die entweder keinen Anspruch auf ALG I haben oder deren Arbeitslosengeld I bereits ausgelaufen ist. Zusätzlich müssen die Antragsteller bedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuchs II sein.
Die Höhe des ALG II orientiert sich an einem Regelsatz, der jährlich angepasst wird. Hinzu kommen eventuelle Zuschläge für Miete, Heizung und andere Mehrbedarfe. Im Gegensatz zum ALG I ist es also ein Grundsicherungsmodell, das den Lebensunterhalt absichern soll.
Wann greift welche Leistung?
Grundsätzlich ist Arbeitslosengeld I die erste Anlaufstelle für Arbeitslose. Wer vorher sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, hat in der Regel Anspruch darauf. Die Bezugsdauer richtet sich nach der Dauer der vorangegangenen Beschäftigung, maximal sind es jedoch 24 Monate.
Ist das Arbeitslosengeld I aufgebraucht oder besteht kein Anspruch darauf, greift Arbeitslosengeld II (Hartz IV) als Grundsicherung. Hier wird der gesamte Bedarf geprüft, also neben dem Lebensunterhalt auch Miete, Heizkosten und weitere existenzielle Ausgaben.
Welche Voraussetzungen gelten für Arbeitslosengeld I?
Um Anspruch auf Arbeitslosengeld I zu haben, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
- Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung: In den letzten 24 Monaten vor Eintritt der Arbeitslosigkeit musste mindestens 12 Monate lang eine Beschäftigung vorliegen, für die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt wurden.
- Arbeitslos gemeldet: Der Arbeitslose muss sich persönlich beim Jobcenter oder der Agentur für Arbeit als arbeitslos melden.
- Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt: Der Arbeitslose muss grundsätzlich für eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Zumutbare Arbeit muss angenommen werden.
- Keine Sperrzeit: Es dürfen keine Sperrzeiten wegen Arbeitsaufgabe oder Ablehnung von Stellenangeboten vorliegen.
Sobald diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat der Arbeitslose Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Die Höhe richtet sich dann nach dem vorherigen Nettogehalt und der Dauer der Beschäftigung.
Wie hoch ist das Arbeitslosengeld I?
Die Höhe des Arbeitslosengeldes I berechnet sich wie folgt:
- Grundsätzlich beträgt das Arbeitslosengeld 60 Prozent des letzten Nettogehalts.
- Für Arbeitslose mit Kindern liegt der Prozentsatz bei 67 Prozent.
- Die maximale Bezugsdauer liegt zwischen 6 und 24 Monaten, je nach Dauer der vorherigen Beschäftigung.
Zur Berechnung des konkreten Betrags werden folgende Faktoren herangezogen:
- Letztes Nettogehalt
- Anzahl der Kinder im Haushalt
- Dauer der vorherigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
Beispielrechnung:
- Letztes Nettogehalt: 2.800 €
- 1 Kind im Haushalt
- Beschäftigungsdauer: 18 Monate
Arbeitslosengeld I = 67% von 2.800 € = 1.876 €
Die genaue Höhe kann natürlich je nach individueller Situation variieren. Die Arbeitsagentur informiert im Einzelfall über den konkreten Betrag.
Welche Sonderregelungen gibt es beim Arbeitslosengeld I?
Neben den Standardkonditionen gibt es beim Arbeitslosengeld I auch einige Sonderregelungen zu beachten:
Saison-Arbeitslose
Für Arbeitnehmer in saisonabhängigen Branchen wie Tourismus, Gastronomie oder Baugewerbe gelten Sonderregelungen beim Arbeitslosengeld I. Ihre Ansprüche werden in der Regel verlängert, da sie häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen sind.
Befristete Verträge
Wer vor Arbeitslosigkeit einen befristeten Vertrag hatte, kann ebenfalls Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben. Allerdings muss auch hier die Mindestbeschäftigungszeit von 12 Monaten in den letzten 2 Jahren erfüllt sein.
Ältere Arbeitnehmer
Ab 58 Jahren können Arbeitslose unter bestimmten Umständen Arbeitslosengeld I bis zu 24 Monate lang beziehen. Das hängt von der Dauer der Beschäftigung und dem Alter ab.
Übergang in Rente
Wer kurz vor dem Renteneintritt arbeitslos wird, kann Arbeitslosengeld I bis zum Rentenbeginn erhalten. Die Bezugsdauer kann sich so deutlich verlängern.
Was ist, wenn das Arbeitslosengeld I aufgebraucht ist?
Ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld I erschöpft, greift in der Regel Arbeitslosengeld II, auch Hartz IV genannt. Dafür gelten allerdings andere Voraussetzungen:
Voraussetzungen für Arbeitslosengeld II
- Bedürftigkeit: Der Arbeitslose muss hilfebedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuches II sein. Das heißt, das verfügbare Einkommen und Vermögen reichen nicht zum Lebensunterhalt aus.
- Erwerbsfähigkeit: Der Arbeitslose muss grundsätzlich in der Lage sein, mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
- Wohnsitz in Deutschland: Der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt muss in Deutschland liegen.
Leistungen des Arbeitslosengeldes II
Das Arbeitslosengeld II umfasst folgende Leistungen:
- Regelsatz zur Deckung des Lebensunterhalts (aktuell 449 € für Alleinstehende)
- Übernahme der Kosten für Miete und Heizung in angemessener Höhe
- Zuschüsse zu Kranken- und Pflegeversicherung
- Zuschüsse für einmalige Bedarfe wie Möbel oder Haushaltsgeräte
- Zuschläge für Kinder und andere Haushaltsmitglieder
Die genaue Höhe richtet sich nach der konkreten Lebenssituation des Antragstellers. Einkommen und Vermögen werden angerechnet.
Pflichten beim Bezug von Arbeitslosengeld II
Der Bezug von Arbeitslosengeld II ist an verschiedene Pflichten geknüpft:
- Aktive Arbeitssuche und Annahme zumutbarer Arbeit
- Teilnahme an Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt
- Offenlegung von Einkommen und Vermögen
- Mitwirkung bei der Klärung der Hilfebedürftigkeit
Werden diese Pflichten nicht eingehalten, drohen Sanktionen wie Kürzungen der Leistungen.
Fazit: Arbeitslosengeld I und II im Überblick
Das deutsche Sozialsystem bietet mit Arbeitslosengeld I und II zwei unterschiedliche Formen der finanziellen Unterstützung für Arbeitslose. Arbeitslosengeld I knüpft an die vorangegangene Beschäftigung und Beitragszahlung an, während Arbeitslosengeld II eine bedarfsorientierte Grundsicherung darstellt.
Wer seine Stelle verliert, sollte sich umgehend beim Jobcenter oder der Agentur für Arbeit melden und die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen prüfen lassen. So lässt sich die finanzielle Situation in Zeiten der Arbeitslosigkeit bestmöglich absichern.